IAA 2017: China 4.0 – erneuter Anlauf in Europa

Auf der IAA stellen Borgward, Chery, Thunder Power und Wey ihre Produkte aus und planen im Falle von Borgward den konkreten Eintritt in den deutschen Markt, samt späterer Montage in Bremen.

Inwieweit sich die chinesischen Hersteller in den letzten zehn Jahren entwickelt haben, demonstrieren die vier Marken, die in Frankfurt ausgestellt haben. Am aktivsten ist dabei ganz klar Borgward, wo man im ersten vollen Jahr 70.000 Einheiten der Baureihen BX 7 und BX 5 verkaufen konnte. Demnächst wird die Palette um den BX 6 ergänzt. Design und Technik stammen dabei aus Deutschland, wohin auch ein Teil der Fertigung zurückkehren soll: Am alten Borgward-Standort Bremen soll bis 2019 das Elektro-Kompetenzzentrum der Marke entstehen.

Dass man es künftig nicht bei hübsch und solide gemachten SUVs belassen will, demonstrierte man mit der Studie „Isabella“, die tatsächlich Anleihen am Original nimmt und Ideen sowie Skizzen des Firmengründers in die Neuzeit übersetzt. Gestartet werden soll in Deutschland zum Jahresende mit dem BX7TS als „Limited Edition“ in Vollausstattung, für den netto knapp 38.000 Euro fällig werden sollen, womit man gleich selbstbewusst und hochpreisig einsteigt.

Ebenfalls schon Produktionspläne verkündete Thunder Power: Dort sollen eine rein elektrische Limousine und ein SUV ab 2019 in Serie gehen. Gestylt wurden die Fahrzeuge in Italien, was eine gewisse optische Nähe zu Maserati bringt. Auch das in Hong Kong sitzende Unternehmen Thunder Power will im Premium-Segment einsteigen, was durch ein hochwertiges Interieur unterstrichen wird.

Gespannt sein darf man auf die angekündigten 650 Kilometer Reichweite und die Montage in Barcelona, wo ab 2020 alle Fahrzeuge für Europa entstehen sollen. Auch hier nennt man schon Preise: Ab gut 50.000 Euro netto sollen die Donnerstromer starten.

Zumindest in China deutlich größer und bekannter ist Chery, wo man schon in etliche Märkte außerhalb Chinas exportiert. Trotzdem habe man mit dem deutschen Markt (noch) keine Eile, zumal man hierzulande wohl auch ausschließlich mit elektrifizierten Modellen starten möchte. Den kompakten SUV der Tiggo-Reihe stellte man den Exceed als neues Topmodell zur Seite, das gleich als Plug-in-Hybrid starten wird.

Auch hier sitzt mit Produktstratege Lorenz Glaab ein Europa-Kenner und –Versteher mit am Steuer. Dem kommt es nach eigenen Angaben nicht auf ein oder zwei Jahre an, bis man in den Markt eintritt. Doch wenn man soweit ist, müsse man eben auch bestehen und bleiben. In die Zukunft weist darüber hinaus eine Tiggo-Studie, die deutlich sportlicher und innovativer aussieht als die Serien-Tiggos.

Auch an der vierten ausstellenden Marke, Wey, die als Nobeltochter von Great Wall gegründet wurde, sind viele Europäer beteiligt: CEO ist der langjährige Audi-Manager Jens Steingräber, dem Jianjun Wei, Chef des Mutterkonzerns Great Wall die Vorgabe machte, eine Premiummarke zu kreieren. Um damit gleich die deutsche Konkurrenz herauszufordern, denn mit billigen und einfachen Autos tun sich die Chinesen mittlerweile auch auf dem Heimatmarkt immer schwerer.

Das bekam  auch Wey zu spüren, wo man mit dem im April 2017 mit dem VV7 startete, dem man jetzt den kompakteren VV5 zur Seite stellte: In den ersten drei Monaten bis Juli 2017 wurden laut dem Magazin Automobil-Produktion  gerade einmal 3166 Einheiten abgesetzt. Auch hier stimmen Optik und der erste Qualitätseinduck. Für Aufsehen sorgen soll die elektrische Flügeltürenstudie XEV, die in die Zukunft weisen soll.

Was bedeutet das?

Es bleibt schwer für chinesische Hersteller, mit eigenen Marken außerhalb ihres Heimatlandes Fuß zu fassen. Durch die Mitarbeit vieler Europäer in den Konzernen, haben Design, Qualität und Technik aber fühlbar zugelegt. Insofern darf man vorsichtig gespannt bleiben – wie auch Borgward, wo man sich heute noch nicht traut, Verkaufszahlen für Deutschland zu nennen.